Ratgeber

E-Commerce Kennzahlen - Teil 1

Michael GrafMichael Graf - 8 Jun, 2020

Wenn Du im E-Commerce / Onlinehandel unterwegs bist, solltest Du jederzeit wissen, wie gut deine verschiedenen Maßnahmen funktionieren. Dafür musst Du Deine E-Commerce Kennzahlen messen. Diese sind auch unter dem Namen KPI bekannt – Key Performance Indicators. Sie geben Dir nicht nur Auskunft über deine aktuelle E-Commerce Performance, sondern ermöglichen Dir, weitere Maßnahmen zu ergreifen, um diese zu steigern. In diesem Beitrag erfährst Du, welche E-Commerce Kennzahlen es gibt und wie du sie messen, lesen und beeinflussen kannst.


Die Kennzahlen im Onlinehandel - Teil 1: Die Klassiker

Grundsätzlich sehen deine KPI immer recht ähnlich aus, egal ob wir über Deinen eigenen Webshop reden oder über Absatzkanäle wie Amazon, eBay & Co. Dennoch unterscheiden sie sich stark darin, wie sie sich beeinflussen lassen oder auch wie relevant sie sind. Sollte es dahingehend signifikante Unterschiede geben, gehen wir pro KPI darauf ein.

Außerdem beschränken wir uns auf typische E-Commerce Kennzahlen. Ja, Deckungsbeitrag, Eigenkapitalrentabilität, Average Handling Time und Auslastungsquote operativer Mitarbeiter sind zweifelsfrei wichtig, wir möchten aber all unsere Energie auf die im Onlinehandel spezifischen Kennzahlen fokussieren. Auch gehen wir nicht auf Nischen-KPI ein. Sichtbarkeitsindex, Linkstärke und ähnliche Vertreter aus dem SEO Bereich sind auch wichtig, aber damit könnte man einen eigenen Beitrag füllen.

Genug der langen Reden. Los geht's.

 

Conversion Rate (CR)

Bedeutung: Die Conversion Rate ist ein relativer Wert, der in der Regel angibt, welcher Anteil an Besuchern einen Kauf durchgeführt hat. Wenn von 100 Seitenbesuchern zum Beispiel 6 einen Kauf abschließen, beträgt die Conversion Rate 6%.

In selbst betriebenen Webshops wird die Conversion Rate meist global betrachtet: Wie viele Besucher des gesamten Shops konnten zu zahlenden Käufern gemacht werden. Seltener - aber durchaus möglich - ist die Betrachtung auf der Ebene der Produktgruppen oder sogar einzelner Artikel. Auf Marktplätzen hingegen ist die Messung der Conversion Rate auf Artikelebene gängiger und oftmals sogar die einzig messbare Option.

Man kann die CR jedoch auch für nicht-monetäre Ereignisse messen. Gängige Beispiele sind Landing Pages, die zur Anmeldung zum Newsletter oder zum Download eines Whitepapers animieren sollen. Hier werden dann nicht die Käufe, sondern die Anmeldungen bzw. die Downloads ins Verhältnis zu den Besuchern der Landing Page gesetzt.

Messung: So wie die meisten Kennzahlen, setzt auch die Conversion Rate voraus, dass die entsprechenden Daten getrackt werden. Dazu kommen Analysetools wie Google Analytics, Piwik oder Econda zum Einsatz. Diese halten fest, wie viele Besucher in einem bestimmten Zeitraum auf der Seite waren und wie viele Käufe in dieser Zeit getätigt wurden. Daraus errechnet sich die Conversion Rate. [100/Besucher*Käufe]

Aussagekraft: Die Conversion Rate sagt in erster Linie etwas über die User Experience aus – also darüber, wie angenehm oder unangenehm die Erfahrung eines Nutzers beim Besuch des Webshops war. Fehlende Informationen, nicht die gewünschten Zahl- und Versandmethoden, zu hohe Preise, zu wenig oder zu viel Auswahl, eine umständliche Navigation, schlecht erklärte Produkte, fehlendes Vertrauen in den Shopbetreiber (… die Liste ist im Grunde endlos lang) können dazu beitragen, dass ein User den Shop verlässt und versucht, sein Bedürfnis dort zu befriedigen, wo es einfacher, günstiger oder schlicht angenehmer ist.

Optimierung: Für die UX – die User Experience – gibt es eigens darauf spezialisierte Personen, die die verschiedenen Ecken und Kanten auf dem Weg vom Besuch bis zum Kauf glattschleifen. Hier gilt es, die potenziellen «Verschrecker» zu identifizieren und auszubessern. Es gibt Erfahrungsberichte, nach denen sich die CR bereits erheblich erhöht hat, nachdem der Text auf einem Button geändert wurde. Vor allem im Bereich mobile shopping ist zum Beispiel die Ladezeit (Page Load) sehr wichtig. Niemand möchte 3 Minuten warten, bis sich eine Website komplett aufgebaut hat. Eliminiert störende, unklare oder unangenehme Elemente aus eurem Shop und messt die Auswirkungen. Die Messung hat hier einen direkten Einfluss auf die Optimierung. Wenn der Absprung (der Punkt in Kaufprozess, an dem der potenzielle Kunde diesen abbricht) im Checkout erfolgt, ist es naheliegend, dass dort auch die Ursache für den Absprung liegt. Hierfür ist natürlich eine gewisse Menge an auswertbaren Daten notwendig.

 

Impressions / Views

Bedeutung: Die Impressions kommen in verschiedenen Teilbereichen des E-Commerce und Online-Marketings zum Einsatz. Dazu zählen zum Beispiel Platzierungen einer Webpräsenz in den SERP (Search Engine Result Pages / Suchmaschinen Ergebnisseiten), Anzeigen eines klassischen Werbemittels im sichtbaren Bereich des Users oder Artikel-Listings in den Suchergebnissen eines Marktplatzes. Im Endeffekt beschreiben sie aber alle das selbe Ereignis: Die Platzierung und somit die potenzielle Wahrnehmung eines Angebots durch den User. Potenziell, weil wir ja nicht wissen, ob der User auch wirklich auf diese Stelle geschaut und das Angebot somit bewusst wahrgenommen hat. Aber es wurde angezeigt und somit handelt es sich um eine Impression.

Messung: Die Impressions sind ein absoluter Wert. Es steckt also keine Formel zur Berechnung dahinter. Je nach Kanal unterscheidet sich, wie und wo die Daten bereitgestellt werden. Um zum Beispiel die Impressions der eigenen Website in den Google-Ergebnissen zu erfahren, bietet sich ein Tool wie Google Analytics oder die Google Search Console an. Dort werden die Werte zur direkten Ablesung dargeboten, teilweise sogar mit Informationen zum genutzten Suchbegriff des Users. Die gängigen E-Commerce Marktplätze bieten diese Werte auch oft direkt an, zum Beispiel im Backend oder als Bericht zum Download.

Aussagekraft: Wenn wir davon ausgehen, dass Nutzer auf ihrer Suche nach Inhalten und Angeboten nur selten über die vorderen Ergebnisse hinausgehen (so gut wie niemand sucht bei Google auf Seite 7), steht die Zahl der Impressions in direkter Korrelation zur «Höhe» der Platzierung, dem sogenannten Ranking des Angebots oder Inhalts. Da aber ein absoluter Wert in Isolation keinerlei Aussagekraft besitzt, muss der Wert in Relation zu vergangenen Impressions-Zahlen gesetzt werden, um einen Verlauf oder Trend zu erkennen, oder aber in Relation zu ähnlichen, bestenfalls konkurrierenden Inhalten und Angeboten betrachtet werden. Ein solches partielles Benchmarking lässt erkennen, welches Ranking generell realisierbar ist und wie viel davon man bereits ausgeschöpft hat.

Optimierung: Die Optimierung der Sichtbarkeit ist die Kernaufgabe im SEO (Search Engine Optimization). Hier gibt es pro Kanal deutlich unterschiedliche Regeln, die es zu beachten gibt. Im Vordergrund betrachten die meisten Suchmaschinen allerdings die Relevanz eines Inhalts / Angebots zur jeweiligen Suchanfrage. Die Suchmaschine soll sicherstellen, dass der User auf seine Anfrage die Ergebnisse geliefert bekommt, die für ihn den größten Nutzen darstellen. Das gilt sowohl für Suchmaschinen, die das Web durchsuchen (Google, Bing, etc.), als auch für die Algorithmen, die die Suchergebnisse auf Marktplätzen ausspielen (Cassini bei eBay, A9 bei Amazon). Dafür stehen zwei Aspekte zur Verfügung: Inhalt und Social Signals.

Zuerst schaut eine Suchmaschine in der Regel danach, ob der Inhalt eines Suchergebnisses auch etwas mit der Suchanfrage zu tun hat. Dafür durchsuchen die Suchmaschinen und Algorithmen die textlichen Inhalte einer Seite. Welche dafür genutzt werden, unterscheidet sich ebenfalls je nach Kanal. So kann es zum Beispiel für Google bereits wichtig sein, dass ein Link, der auf die entsprechende Seite verweist, einen Linktext aufweist, der im kontextuellen Zusammenhang mit einer Suchanfrage steht. Auf Marktplätzen stehen i.d.R. Angebotstitel und -merkmale im Vordergrund, sind aber oft nicht die einzigen Inhalte, die indexiert werden.

Zu den sogenannten Social Signals gehört zum Beispiel das Verhalten der Nutzer in Bezug auf ein Suchergebnis. Verlassen übermäßig viele Nutzer eine auf Google angezeigte Seite sofort nach dem Aufrufen wieder, ist das ein Signal dafür, dass diese hier nicht das finden konnten, was sie gesucht haben (siehe Bounce Rate). Zu den relevantesten Social Signals auf den Marktplätzen gehören ganz vorne weg natürlich die Käufe eines Artikels. Im Fall von eBay haben auch die Beobachter eines Artikels eine Relevanz für das Ranking.

Das bedeutet also, um das Ranking zu beeinflussen, kann ich den Inhalt anpassen oder eine Umgebung schaffen, die gute Social Signals begünstigt.

 

Klickrate / Click-Through-Rate (CTR)

Bedeutung: Ein weiterer relativer KPI, der sich aus dem Verhältnis zweier anderer, absoluter KPI errechnet, ist die Click-Through-Rate (CTR). Die CTR ist das Verhältnis aus Impressions zu Visits, den Seitenaufrufen. Im Grunde geben CTR und Visits das gleiche Ereignis wieder: Wie viele Besucher hat eine Seite bzw. ein Listing/Artikel/Angebot? Die Kennzahl Visits - oder «Besuche» - tut dies jedoch isoliert und ohne Bezug auf andere Kennzahlen. Um Handlungen und Learnings abzuleiten, ist die relative Kennzahl CTR also deutlich geeigneter – weshalb die Visits auch keinen eigenen Eintrag erhalten.
Impressions werden auch oft als Views bezeichnet und Visits als Clicks.

Messung: Kennt man die Impressions und die Visits einer Seite, kann man über die einfache Formel [100/Impressions*Visits] die CTR errechnen.
Eine Gefahr bei dieser globalen Betrachtung ist allerdings oft die fälschliche Annahme einer direkten und linearen Konsekutivität. Vereinfacht gesagt: User sieht einmal > User klickt einmal. Das ist in der Praxis jedoch in der Regel nicht der Fall. So kann ein Nutzer eine Seite auch besuchen, ganz ohne eine Impression generiert zu haben. Das passiert zum Beispiel beim Folgen eines Links direkt auf die Zielseite, ohne den oben beschriebenen linearen Funnel zu durchlaufen oder bei der Eingabe der Zielseite direkt in die URL-Zeile des Browsers.
Um hier etwas selektiver zu messen, können Mechanismen eingebaut werden, die die Visits nach Verweisart oder Herkunft gruppieren. Wenn von deinen 500 Visits also 150 durch direkte Eingabe, 50 über Social Media und 300 durch den «Funnel» generiert wurden, sind auch nur diese 300 relevant, um eine CTR zu errechnen, denn die restlichen 200 Benutzer haben auch keine Impression generiert (zumindest nicht in dem Anlauf, der letztlich zum Besuch geführt hat).
So eine Selektion ist im eigenen Webshop einfach umsetzbar, denn die gängigsten Analyse-Tools haben eine solche Segmentierung bereits integriert. Bei den Marktplätzen kommt es – wie bei so vielen Kennzahlen – darauf an, was der Marktplatz preisgibt.

Aussagekraft: Die CTR ist in erster Linie ein Indikator dafür, wie interessant die Vorschau einer Seite oder eines Produkts/Listings gestaltet ist. Aus der Suche heraus – egal ob über eine Websuchmaschine oder auf Marktplätzen – sieht der User vorab erst mal eine reduzierte Auswahl an Informationen. Das umfasst in der Regel einen Titel und je nach Kanal und Art der Seite ein Vorschaubild, einen Preis, eine Textvorschau oder gewisse Metaangaben, wie zum Beispiel Kategorie, Verkäufer, Veröffentlichungsdatum oder Autor.

Diese Informationen sind alles, was ein User nutzen kann, um zu entscheiden, ob er die Seite hinter der Vorschau aufrufen möchte oder nicht. Je besser also diese Vorschau zur Suchintention passt, umso wahrscheinlicher ist der Visit. Dabei sollte aber darauf geachtet werden, dass in der Vorschau keine falschen Versprechungen gemacht werden. Einen Titel oder ein Bild so reißerisch und sensationalistisch wie möglich zu gestalten – das sogenannte Clickbaiting – führt zwar tatsächlich in der Regel zu einer höheren CTR, aber nicht unbedingt zum gewünschten Ziel, weil somit auch User auf eine Seite gelockt werden, die gar keinen Bedarf an dem tatsächlichen Angebot haben – das sich ja meistens deutlich weniger sensationell darstellt, als die Vorschau hat vermuten lassen. Dieser sogenannte «minderwertige Traffic» führt zu einer geringeren Conversion Rate. Mehr User auf der Seite, aber weniger, die einen Kauf oder ein anderes Zielvorhaben abschließen. Das wollt ihr in der Regel vermeiden.

Optimierung: Die Optimierung umfasst die Verbesserung des Bildes, des Titels oder anderer sichtbarer Elemente der Vorschau.

Hier gibt es besonders auf Marktplätzen einen Interessenskonflikt: Vor allem der Titel eines Listings / Artikels ist oft ein primäres Indexierungselement. Das bedeutet, dass die hier eingetragenen Begriffe direkt für die Ausspielung des Artikels auf entsprechende Suchanfragen verantwortlich sind. Nun ist «Teetasse Kaffeetasse Tasse Kaffeebecher Kaffeegeschirr Trinktasse Becher Mug» aber kein besonders ansprechender Titel. Hingegen ist «Diese Tasse macht deinen Morgen zum Wohlfühlerlebnis – Starte ohne Stress in den Tag» nicht wirklich keywordoptimiert. Die Kunst ist es also, einen Titel zu kreieren, der den Spagat aus Lesbarkeit und Keywordabdeckung gut bewältigt.

Ebenso wichtig sind die Bilder, die auf den Suchergebnisseiten ausgespielt werden. Diese müssen ansprechend, gut erkennbar und in einer entsprechenden Auflösung/Qualität vorliegen.

Wichtig: Die Verbesserung des Rankings eines Artikels hat keinen direkten Einfluss auf die CTR. Zwar kann das Verhalten der Nutzer auf Seite 1 und Seite 2 einer SERP-Seite deutlich unterschiedlich sein (auf Seite 1 klicke ich noch alle Suchergebnisse an, auf Seite 2 nur noch ganz Gezielte) aber grundsätzlich gilt: Mit 5.000.000 Impressions kann die selbe CTR erzielt werden, wie mit 500 Impressions.

 

Übersicht:

Teil 1 - die Klassiker
Teil 2 - Einnahmen und Ausgaben pro Sale
Teil 3 - (coming soon)